Anlässlich der Beschreibung einer Karte von Weilburg und Umgebung hat Volker Vömel im Seniorenblatt Nummer 27 das „Kapitänswäldchen“ vor dem Windhof erwähnt, mit der Bemerkung, dass die Herkunft des Namens für dieses Waldstück nicht klar sei.
Erklärung für den ungewöhnlichen Namen
Herr Hennemann aus Weilburg hat Vömel daraufhin auf eine Spur gebracht, die eine einleuchtende Erklärung für den für ein Waldstück doch eher ungewöhnlichen Namen brachte. Zu Zeiten des in Weilburg in vielfältiger Weise tätigen Regierungsadvokaten und Unternehmers Wilhelm Jakob Wimpf (1767 – 1839) hat offensichtlich ein Mitglied einer Familie Capitain in bergbaulicher Hinsicht mit Herrn Wimpf in Verbindung gestanden. In der Winkelser Tongrube war das sogenannte Wimpfsfeld 1 mit Rechten der Familie Capitain belegt. Diese hat ihre Rechte wahrgenommen, bis die Betreiberfirma Ton-Schmidt sie 1984 abgelöst hat. Bis dahin sei alljährlich Herr Capitain standesgemäß im Opel „Kapitän“ angereist, um seinen Anteil an den Einnahmen geltend zu machen. Es liegt nahe zu vermuten, dass mit dem Namen Capitain weitere Bergrechte in Verbindung standen. Der Bereich um den Windhof war bergrechtlich ein interessantes Gebiet mit mehreren Erzfeldern. Ob Capitain hier ebenfalls mit einem solchen beliehen war, ist nicht mehr zu belegen.
Akten über Rechte geschlossen
Die Bergämter haben Ende des vorigen Jahrhunderts die Akten über die Rechte geschlossen, für die die jeweiligen Inhaber kein Interesse mehr zeigten. Dass der Name für das Kapitänswäldchen auf Capitain zurückgeht, kann ich nun belegen. Auf einer Topographischen Karte für den Windhof von 1757 ist das betreffende Waldstück im Original mit „Unter dem Hof“ bezeichnet. Ein nachträglicher handschriftlicher Eintrag lautet „Das Capitainswäldchen“ und weist eindeutig auf den Familiennamen Capitain. Dass daraus „Kapitänswäldchen“ wurde, ist leicht nachvollziehbar. Die Waldparzelle, zeitweise auch als Herrenheck bezeichnet, war herrschaftlicher Wald, letztlich im Besitz des Landes Hessen.
1995 kam es zu einem Flächentausch
Das Land Hessen hat den Weilburger Stadtwald Kissel benötigt für den Ausbau des heutigen Bildungszentrums Hessen-Forst. Im Gegenzug erhielt die Stadt mit anderen Waldflächen des Landes Hessen auch das Kapitänswäldchen. Dieser in Kriegszeiten immer wieder geplünderte Wald ist heute ein forstliches Eldorado, findet man hier doch nahezu alle einheimischen Baumarten in bunter Mischung und teilweise beachtlicher Qualität. Nur wenige Weilburger wissen, dass sich eine ähnliche Änderung des Namens an anderer Stelle in Weilburgs Gemarkung erst in allerjüngster Zeit vollzogen hat. Auf forstlichen Karten ist der Wald vom Krankenhaus bis zu dem Forstlichen Bildungszentrum und bis zum Steinbühl ebenfalls als Kapitänswald bezeichnet. Hier hat die Verdeutschung auf den Karten erst vor wenigen Jahren stattgefunden.
Bis 2000 noch Captainswald
Bis etwa zum Jahr 2000 war der Flurnamen noch Capitainswald, erst auf den neuesten Karten taucht der Seefahrer auf. Auch hier kann leider keine Verbindung mehr zu der gleichnamigen Familie belegt werden. Dass Capitain sich in Winkels Rechte am Tonabbau gesichert hatte, kann ein Hinweis sein, ist doch damit sicher, dass er nicht (nur) an Erzabbau interessiert war. In dem Gebiet um den Steinbühl finden sich dicke Lössschichten. Der Löss wird mit Wasser gemischt zu lehmigem Brei, ein Ausgangsstoff für Backsteine oder für den Lehm-Stampf-Bau.
Wimpf hat sich für Weilburg eingesetzt
Wie überliefert ist, hat sich Wimpf seinerzeit intensiv für den Pisé-Bau in Weilburg eingesetzt. Könnte Capitain hierin die Bauweise der Zukunft gesehen haben und sich Rechte für die Gewinnung des Ausgangsmaterials gesichert haben? Bedauerlich ist nur, dass die Kartographen der Neuzeit den alten Namen gedankenlos verfälscht haben. So wird sein Ursprung in Zukunft verschleiert sein und man sucht auch hier nach der Form eines passenden Kapitänshutes. Neuerdings erst ist mir der Kapitän an ganz anderer Stelle im Weilburger Wald begegnet.
Familie Captain rund um Weilburg aktiv
Auf der 1776 von J.H.Gunkel angefertigten „Delineatio der herrschaftlichen und bürgerlichen Brunnenleitungen zu Weilburg“ führt die Wehrhölzer Brunnenleitung nahe des Odersbacher Feldes, bevor sie dieses über zwei „Stege“ erreicht, durch eine Capitainswiese, heute längst eine Waldparzelle mit Fichten und Erlen. Drei Quellen werden der Leitung hier zugeführt. Die Familie Capitain war also rund um Weilburg aktiv. Leider ist mir bisher nicht geglückt, sie als Bürger unserer Stadt nachzuweisen.
Volker Vömel (Geschichtsverein Weilburg) für das Seniorenblatt der Stadt Weilburg an der Lahn
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Margareta Schulz (Dienstag, 16 Januar 2018 23:28)
Zur Zeit betriebe ich Forschung im Bereich meiner Mutter-Seite: Capitain.
Dabei bin ich sowohl auf Ihre Seite, als auch auf die Seite der Tongrube Urbar gestossen - siehe angegebener Link. Vielleicht gibt es in diesem Bereich eine Verknüpfung.
Mit freundlichen Grüßen
Margareta Schulz